Zu den Expeditionen wird mir als Leiter eine Frage am häufigsten gestellt: Was war die schönste Expedition bisher? Und genau diese Frage lässt sich so tatsächlich nicht beantworten. Es kommt auf den Blickwinkel an und wo genau die persönlichen Interessen liegen. Wer Nacktschnecken im Meer liebt, wird auf unserer Workshop Philippinen im siebten Himmel gewesen sein. Mehr und schönere Nacktschnecken als in Puerto Galera wird man auf diesem Planeten kaum finden! Wer allerdings Neon und Altum-Skalare einmal in seinem Leben echt und in Farbe in ihrem natürlichen Lebensraum beobachten wollte, kam 2022 in Kolumbien ( Expedition Kolumbien II & Expedition 2022 Kolumbien I ) auf seine Kosten. EINE schönste Expedition kann ich da beim besten Willen nicht heraussuchen.
Aber ich kann einmal die Highlights von den letzten sechs Expeditionen, aus meiner ganz persönlichen Sicht, erzählen:
JBL Expedition Australien 2015
Die lange Anreise nach Australien nutzten wir, um die faszinierende Insel Catalina Island vor der Küste bei Los Angeles zu besuchen. Dort leben zwei Fischarten, deren Farben unecht, wie bei Plastikfischen, aussehen. Wenn man dann dort in das kalte Wasser des Kalifornienstroms steigt und die Fische erstmalig sieht, wirkt es surreal. Wie knallorangefarbene Bonbons stehen die Garibaldifische im dunklen Kelpwald. Das ist ein sehr spezielles Erlebnis und wer diese Fische noch nie live gesehen hat, glaubt nicht, dass es sie wirklich gibt. Was die Natur sich dabei wohl gedacht hat? Denn sie sind nicht giftig und somit ist die Farbe keine Warnfarbe und in großen Tiefen, in denen Orange nicht mehr Orange aussieht, leben sie auch nicht.
Der zweite Fisch ist zwar nur wenige Zentimeter lang, toppt aber sogar noch die Garibaldis: Die Catalina-Grundel. Auch sie besitzt eine orangene Färbung, aber dazu noch mit knallblauen Streifen im Kopfbereich. Bunter und schöner hätte kein Künstler diesen Fisch gestalten können. Unter Wasser, in nur wenigen Metern Tiefe, muss man genau hinsehen. Aber die Grundeln sind nicht selten und der Anblick, zumindest für mich, ein absolutes Highlight!!!
Es ging weiter über Tahiti mit der Nachbarinsel Moorea in der Südsee. Dort standen Unterwasser-Fütterungsversuche auf dem Programm. Am spannendsten fand ich die Szenerie in etwa 25 m Tiefe am Riff, wo unzählige Buckelschnapper gierig hinter der JBL Futterdose herschwammen und die anwesenden Haie, Schwarzspitzenriff- und Zitronenhaie, irritiert um uns herumschwammen, das Futter riechen, aber nicht sehen konnten. Ein tolles Erlebnis!
In Australien war ich sehr enttäuscht, dass wir kaum Echsen im Outback gefunden haben. Ich hatte mich sehr darauf gefreut, Kragenechsen und Dornteufel einmal lebend in ihrem Lebensraum zu sehen. Aber das wurde leider nichts. Dafür waren die klaren Gewässer mit den Regenbogenfischen phänomenal. Wenn die Sonne in die Gewässer schien, sah es manchmal aus wie in einer Kathedrale.
Mehr Details wie die Forschungsergebnisse, Bilder und Videos findest du auf der Expeditionsseite: Expedition 2015
JBL Expedition Venezuela 2016
Im ersten Teil dieser Expedition waren wir im Orinoco-Delta unterwegs. Bei einem Gespräch mit unserem Guide, sagte ich ihm, dass ich sehr gerne eine Anakonda sehen würde. Am nächsten Morgen kam unser Guide mit einer Anakonda in unser Camp. Anakondas sind nicht selten, aber man muss sie finden! Als wir sie wieder freiließen, hat mich ihre Tarnung extrem beeindruckt: Obwohl wir genau wussten, wo sie lag, war sie schwer zu sehen. Ein absolut beeindruckendes Tier!
Der zweite Teil der Expedition führte uns in die berühmten Tafelberge im Süden Venezuelas. Neben den beeindruckenden geologischen Formationen der Tafelberge wird mir der Flug zu den Tafelbergen immer im Gedächtnis bleiben. Es begann schon damit, dass auf dem kleinen Flughafen am Orinoco zwei Passagiere in eine einmotorige Cessna einstiegen und sich auf die hinteren zwei Sitze platzierten. Daraufhin kippte das Flugzeug hinten runter und war kaputt. Unglaublich. Unsere Teilnehmer wurden auf vier kleine Flugzeuge verteilt und das Einsteigen verlief unfallfrei. Der Pilot meines Fliegers befestigte ein mobiles TomTom Navi per Klett auf seinem Lenkrad. So etwas hatte ich bis dahin noch nie gesehen. Als wir in der Luft waren, bemerkte ich starke Zuckungen beim Piloten. Ich fragte unseren Expeditionsarzt Ludwig, der neben mir saß, was diese Zuckungen zu bedeuten haben. Seine Antwort war weniger beruhigend: „Bei starker Nervosität treten solche Zuckungen auf.“ Bis heute weiß ich nicht, warum unser Pilot so nervös war!
Das dritte außerordentliche Erlebnis war wieder eines mit einer Schlange. Wir fanden am Flussufer, ganz in der Nähe des Salto Angel, dem höchsten Wasserfall der Welt, eine Lanzenotter. Aber anders als andere Schlangen, flüchtete sie nicht! Sie blieb regungslos liegen und war in klarer Angriffsposition. Diese Begegnung mit einer tödlich giftigen Schlange führte mir deutlich vor Augen, dass wir in abgelegenen Regionen sehr vorsichtig sein müssen. Ein Biss kann nicht rechtzeitig behandelt werden, da wir in diesem Fall vier Bootsstunden vom Ort Canaima entfernt waren. Später sprach ich mit dem Arzt in Canaima und er sagte mir, dass er kein Gegengift gehabt hätte. Es gäbe zu viele verschiedene Giftschlangen in der Region und er könne nicht alle Seren vorrätig haben. Dies gehört zu den Restrisiken, die wir alle tragen, wenn wir in „unberührte“ Natur vordringen. Vorsicht und Präventivmaßnahmen wie festes Schuhwerk und bisssichere Gamaschen sind unter Umständen nötig.
Mehr Details wie die Forschungsergebnisse, Bilder und Videos findest du auf der Expeditionsseite: Expedition 2016 Venezuela